Präzision oder Genauigkeit?

Ich habe eine dieser Fitnessarmbanduhren, die nicht nur meinen Puls im Auge behalten, sondern auch zählen wie viele Stockwerke ich täglich nach oben gehe. Aber wie erkennt die Uhr, dass ich eine Treppe steige? Mit GPS kann es nichts zu tun haben, denn das funktioniert nicht in Gebäuden. Der Trick ist einfach: Luftdruck! Die Uhr verfügt über einen Sensor, der den Luftdruck so genau messen kann, dass der Unterschied einer normalen Stockwerkshöhe erkannt wird. Ja genau: Ein Stockwerk über euch ist die Luft dünner als bei Euch in der Wohnung und zwar um ungefähr 0,35hPa. „hPa“ bedeutet „Hektopascal“ und ist die Einheit in der atmosphärischer Druck angegeben wird. Ist wie Millibar, heißt nur anders.

Ein kleiner Exkurs: Auf Meereshöhe herrscht ein Luftdruck von 1013,25hPa und je weiter man in die Höhe geht, umso geringer wird der Luftdruck. Wenn ich am Strand eine 8,5m lange Leiter hoch steige, dann herrscht da oben 1hPa weniger Luftdruck als unten. Auf dem Mont Blanc müsste ich hingegen eine 13,5m lange Leiter hoch steigen damit der Luftdruck um 1hPa sinkt.

Wenn man sich das Datenblatt von so einem Sensor (DPS310 von infinineon) anschaut, dann steht da: „Pressure sensor precision: ± 0.002hPa“. Das würde einem Höhenunterschied von 2cm entsprechen. Ernsthaft? Der Sensor soll eine Höhenänderung von 2cm messen können?
Das Datenblatt attestiert dem Sensor aber auch eine relative Genauigkeit von ± 0.06hPa was 50cm entspricht. Also doch keine 2cm? Haben sich da die Leute aus der Marketingabteilung die schöneren Werte rausgesucht?

Nein, das Geheimnis liegt darin, dass Auflösung (Präzision) etwas anderes ist als Genauigkeit:
Auflösung beschreibt, wie nahe mehrere Messwerte beieinander liegen können. Die Genauigkeit hingegen gibt an, wie nahe das Messergebnis am physikalisch wahren Wert liegt.

Analog zu dem Bild müsste der Sensor die Dartscheibe also mit einer Genauigkeit von 50cm treffen, wobei die einzelnen Treffer innerhalb eines Bereiches von 2cm liegen sollten.

Da ich zufällig genauso einen Sensor herumliegen habe, musste ich das gleich einmal ausprobiert: Wenn ich in einer bestimmten Höhe eine Messung mache und dann den Sensor um 50cm hoch hebe und dort wieder eine Messung mache, dann sollte der Sensor einen Unterschied von -0.06hPa messen. 50cm nach unten sollen es +0.06hPa sein. Und der Statistik wegen habe ich das 80 mal gemacht.

Und tatsächlich: Der Sensor hatte keine Problem die 50cm Höhenunterschied zu messen. Die roten Fehlerbalken (Standardabweichung) spiegeln im Prinzip die Präzision wieder. Laut Datenblatt hätte das besser sein sollen, aber ich habe die Messung auch nicht im Labor, sondern im Hotelzimmer gemacht. Wenn da ein Nachbar die Tür zuschlägt, dann kann ich das in den Messwerten finden. Zusätzlich beeinflussten auch das Wetter und die Klimaanlage den Luftdruck…

50cm lassen sich also problemlos abbilden, aber laut Datenblatt sollte der Sensor auch kleinere Höhenunterschiede abbilden können. Das gilt es zu Beweisen:

Anders als bei der vorherigen Messung, habe ich dieses Mal einen Ort gewählt, an dem keine Klimaanlage die Qualität des Luftdrucks verschmutzte und auch keine Nachbarn Türen schlugen. Die Genauigkeit des Sensors mag ja tatsächlich hoch sein, aber wenn die Präzision der Umgebung niedrig ist, dann nützt das nichts 😉

Mit einer hohen Präzision der Umgebung (wenig Rauschen des Luftdrucks), sind die Daten auch deutlich Präziser. Und tatsächlich: Der Sensor ist in der Lage 20cm abzubilden. Und wenn man sich die Fehlerbalken anschaut, dann sollte er sogar noch kleinere Höhenunterschiede abbilden können.