Gefährliche Gutscheine!

Ich sitze im Restaurant. Das Essen und das Bier waren lecker. Nachdem ich bezahlt habe, bekomme ich vom Wirt einen Gutschein über 10% für meinen nächsten Besuch. Autsch! Ich war gestern schon hier und habe bereits einen solchen Gutschein bekommen. Jetzt habe ich zwei – Typisch.
„OK, dann löse ich morgen beide ein!“ – war mein Kommentar. „Nein, das geht nicht. Immer nur ein Gutschein!“. Das war klar, aber ich habe daraufhin den Gutschein genau betrachtet und keinen Hinweis auf diese Einschränkung gefunden. Auch auf der Webseite, die sich hinter dem QR-Code verbirgt, gab es keinen solchen Hinweis.
Also bei uns in Deutschland wäre es jetzt witzig geworden, wenn ich darauf bestehen würde, beide Gutscheine einlösen zu wollen. Klar, sowas mache ich nicht, aber es gibt ja solche Leute…. Daher muss man als Wirt schon gut aufpassen mit sowas!

Aber ich habe den Rest meines Bieres damit verbracht, darüber nachzudenken. Ja, Bier ist eine offizielle Zeiteinheit und nein, ich denke nicht zu viel!

Wenn ich zehn Gutscheine habe, weil ich ein total vergesslicher Typ bin, brauche ich dann mein Essen beim nächsten Besuch nicht zu bezahlen? 10x 10% = 100%. Das wäre in mathematischer Hinsicht logisch und auch kalkulatorisch: Wenn ich jeden Tag für $30,- dort gegessen hätte, dann hätte ich jeden Tag $3,- Rabatt bekommen. Bei zehn Tagen wären das $30,- also eine volle Mahlzeit. Daher wäre es doch nur logisch und fair, wenn ich als vergesslicher Norddeutscher das 11te Essen für $30,- bei Vorlage von 10 Gutscheinen nicht bezahlen bräuchte. Oder?

Jetzt kann der Wirt auch sagen: „Ich rechne den ersten Gutschein auf die volle Summe an, dann den zweiten auf den Restbetrag und so weiter….“. OK, das wäre auch fair, aber dann müsste ich am Ende noch $11,62 zahlen. Das ist mehr als ein Drittel! Gut für den Wirt – schlecht für mich 🙁

Und schon stellt sich die Frage, wie viele Gutscheine ich denn benötigen würde, um unter dieser Modalität nichts mehr bezahlen zu müssen? Der Mathematiker würde sagen: „unendlich viele“. Der Kaufman würde sagen: 84 Stück. Wer hat Recht? Na, der Kaufmann, denn ab 84 Gutscheinen ist der Restbetrag weniger als 0,5ct und damit gerundet weniger als 1ct und damit nicht mehr bezahlbar. Außer man zersägt eine 1ct Münze, was man aber nicht darf!

Nehmen wir einmal an, der Wirt würde sich auf diese Modalität einlassen und ich hätte 84 mal für $30,- bei ihm gegessen. Nehmen wir weiterhin an, ich hätte jedes Mal vergesse einen Gutschein einzulösen, was zu mir passen würde. Dann könnte ich tatsächlich beim 85ten Besuch die Rechnung durch Vorlage der 84 Gutscheine komplett begleichen. Klingt nach einer tollen Sache – ist es aber nicht, denn ich habe lediglich $30,- gespart! Hätte ich hingegen ab dem zweiten Besuch jedes Mal den 10% Gutschein eingelöst, dann hätte ich $252,- gespart. Vergesslichkeit kann teuer sein!

Lange Rede kurzer Sinn: Der Wirt täte gut daran, die Gutscheine unter dieser Modalität als gesammeltes Paket einzulösen. Es wäre lukrativ für ihn – und werbewirksam, solange er kein Problem damit hat, dass auf einmal viele Nerds in seinem Laden rumlungern und wild diskutierend auf Taschenrechnern tippen.

Das Bier ist leer und ich gehe jetzt besser zurück ins Hotel, sonst komme ich auf noch blödere Gedanken.

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